Phönix
28. 6. 2022
Es ist ein weiter Weg von Ägypten bis ins Erzgebirge. Aber ein mythischer Vogel überwindet diese Distanz ohne Probleme: Es ist der Phönix, der dieses Jahr zum Symbol der Quinauer Musikfesttage geworden ist.
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Im vergangenen Jahr hatte das Schweizer Kesselberg-Ensemble bei den Festspielen in Blatno das halbszenische Programm „Formosanta & Amazan“ zur Aufführung gebracht: die von Voltaire verfasste, von Gaspard Fritz vertonte märchenhafte Geschichte von der babylonischen Prinzessin Formosanta und ihrem Geliebten Amazan. Als keiner der hochkarätigen Bewerber um Formosantas Hand – so erzählt Voltaire – den Sieg davonträgt, tritt Amazan auf den Plan und siegt. Und er hinterlässt der schönen, reichen Prinzessin, als er unvermittelt abreisen muss, einen Vogel: eben den sprechenden Phönix. Auf verschiedene Komplikationen folgt natürlich das obligatorische Happy End.
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Quinauer Musikfesttage 2021. Foto Martin Bílek. |
Die aus dem Iran gebürtige Künstlerin Yasmin Golshani, seit jeher mit dem Phönix-Mythos vertraut, hatte schon im vergangenen Jahr an der Produktion mitgearbeitet. In diesem Jahr wirbt ihr mythischer Vogel für die Quinauer Musikfesttage. Der Phönix, der aus seiner Asche neu ersteht, als Sinnbild von Unsterblichkeit und Auferstehung, auch im Christentum, als Symbol des Lebens, das sich ständig erneuert.
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Die Geburt des Phönix in der Werkstatt iranischer Künstlerin Yasmin Golshani. |
In diesem Sinn wird der Phönix auch zum Emblem für die Barockkirche zum Erzengel Michael in Blatno, einer der Festszenen, die von Jahr zu Jahr dank umfassender Restaurierungen zunehmend zu neuem Leben erwacht, und für die historische Orgel aus dem 18. Jahrhundert, die zur Zeit erneuert wird und bald wieder an ihren ursprünglichen Standort zurückkehren soll: Wiedergeburt und Auferstehung im Zeichen des Phönix.
Wolftraud de Concini
N.B.: Das weltberühmte italienische Operntheater La Fenice („Der Phönix“) in Venedig trägt seinen Namen zu Recht. In seiner 230-jährigen Geschichte ist es zweimal – 1836 und 1996 – abgebrannt, aber beide Male wieder, schöner denn je, aus seiner Asche auferstanden.